Wind & Tide

Ein Ostsee-Traum mit Sanssouci

Im angeblich verregneten Juli 2011 mit einer amerikanischen Hunter 38 auf der Ostsee

- je ne regrette rien -

ein Törnbericht mit zahlreichen Reviertipps und Informationen von Hans-Henning Pradel

 

Am Samstag, 9. Juli brechen wir um 11:30 in der netten und modernen Marina Kröslin auf, neue Heimat der Hunter 38 „Sanssouci“ die unsere Freunde Gabi und Martin aus den USA mitgebracht haben. Sie soll mit einer drei­wöchigen Ostseereise an ihr neues Revier gewöhnt werden.

Der Plan ist eine Nachtfahrt vorbei an Bornholm zum äußersten Südostzipfel Schwedens, der Felseninsel Utklippan. Von dort wollen wir durch den Kalmarsund, jene auch „A4 auf dem Wasser“ genannte Meerenge zwischen dem schwedischen Festland und der vorgelagerten Insel Öland die interesanten Schärengebiete nördlich des Sundes erreichen.

Die Wettervorhersage verspricht leichte Winde aus Südost mit 3 Bft und eine See zwischen 0 und 0,5 m. Sie wissen ja: Wettervorhersagen sind sehr verläßlich ...

Schon beim Auslaufen nach gutem Schlaf an Bord und ausgezeichnetem Frühstück fragen wir uns, ob die Prophezeiung von Wetterfrosch „Schwarze Wolke“ wohl stimmt. Zahlreiche Cirren am Himmel, eine fast schon schwüle Stimmung und mittelhohe Cumulus-Schichten in großer Eile lassen Restzweifel aufkommen. Das für den

Nachmittag an der mecklen­burgischen Küste angesagte Gewitter hoffen wir abzuhängen.

Wir verlassen das betonnte Fahrwasser des Peenestroms und passieren den Ruden, die kleine, vorgelagerte Insel mit Schutzhafen. Der Wind frischt immer mehr auf und kommt aus Ost. Wir machen sehr gute Fahrt, meistens steht eine Sieben vor dem Komma. Aber mit dem frischen Ostwind steigt auch die Windsee und von 0 bis 0,5 kann bald keine Rede mehr sein.

Zudem teilen die höheren Luftschichten nicht die Meinung der tieferen. Sie sind aus Südwest bis West unterwegs und bringen einzelne Schauer. Immer wieder

spannend, wenn man hart am Wind segelt, aber dennoch von achtern Regenschauer heranziehen sieht, die das Boot einholen und überholen.

Gegen Abend ist die See auf etwa 1,5 m aufgelaufen und gelegentlich sind es wohl auch mal zwei.

Wir haben keine Lust mehr auf die geplante Nacht in See und da wir gute Fahrt gemacht haben, beschließen wir, den Sportboothafen von Rønne anzulaufen, wo wir gegen 22:30 bei noch gutem Tageslicht eintreffen. Nørrekås ist randvoll, aber ein netter Landsmann nimmt uns als Nummer drei ins Päckchen. Immerhin 70 Seemeilen waren das heute.

Nach schnellem Abendessen aus der Dose und einem kleinen Schlummertrunk freuen wir uns kurz nach Mitternacht auf die wider Erwarten geruhsame Nacht und werden auch nicht enttäuscht.

Am Sonntag frühstücken wir bei blauem Himmel und herrlichem Sonnenschein an Oberdeck, bedanken uns nochmal bei dem Nachbarn an Stb und laufen um 10 Uhr aus.

Schnell wird klar, daß die Hoffnung auf nur leichten Seegang sich auch heute nicht erfüllen wird. Da die Crew in Teilen nur begrenzt seefest ist, beschließen wir angesichts des heute vorherrschenden Westwinds, bei Simrishamn in die Abdeckung der schwedischen Küste zu laufen, statt –wie ursprünglich geplant- heute Utklippan anzusteuern.

Wie sich zeigt, ist das eine gute Idee. Kurz hinter Simrishamn beruhigt sich die See, es wird plötzlich hochsommerlich warm und wir können gar nicht schnell genug aus der warmen Segelkleidung kommen. Das Stimmungs­barometer der Landlubber steigt rapide. Als wir gegen 19 Uhr nach heute 62 gesegelten Meilen im kleinen Hafen Hällevik auch noch einen gegen alle Eventualitäten geschützten Liegeplatz finden, ist die unmittelbare Seglerwelt in Ordnung.

Hällevik erweist sich als Glückstreffer. Sehr netter Hafenmeister, der auch zu dieser späten Stunde noch mit guten

Ratschlägen am Liegeplatz auftaucht, empfehlenswerte Fischräucherei „Hennings Rökeri“ und ein genial sortierter Universalladen dierekt am Hafen, wo von Brötchen bis Motoröl, von Angelausrüstung bis Volvo-Zubehör, vom Gartenschauch bis zum Schärennagel wirklich ALLES zu haben ist.

Unter Berücksichtigung der langen und beschwerlichen Überfahrt gönnen wir uns am Montag einen Liegetag samt zweiter Nacht in Hällevik. Neben dem Hafen schließt sich eine Badebucht mit feinsandigem Strand an, die auch von den Einheimischen intensiv und zweckentsprechend genutzt wird. Ich

verbringe zwei Stunden in dem besagten Laden und finde dort Bootszubehör, daß sich vom vertrauten deutschen Standard wohltuend unterscheidet. Abends gibt es Lachs und Aal aus Hennings Rökeri.

Aber bekanntlich wird einem im Leben nichts geschenkt. Im Kalmarsund droht übermorgen kräftiger Ostwind und daher heißt unser nächstes Ziel nun nicht mehr Utklippan, sondern wir wollen nach Grönhögen auf Öland, um dann anderntags im Schutz der Luvküste die Reise fortsetzen zu können.

Da ist Nachtalarm angesagt: Der Wecker klingelt um 07:45 und um 08:30 laufen wir aus. Frühstück in See, die Luvküste sei mit uns und ist sie auch,denn noch bleibt uns der Westerly treu.

Nach dem Frühstück und mit zunehmender Entfernung vom Schutz der Küste nimmt die Windsee dann wieder deutlich zu und unsere Sanssouci kommt unter Schmetterling mit Bullentalje und ausgebaumter Fock auf den beachtlichen Wellen häufig ins surfen. Die Logge zeigt abends eine Maximalgeschwindigkeit von 9,7 Knoten und wir schaffen die insgesamt 76,4 Meilen in genau 10 Stunden. Um 18:30 surfen wir auf einer Riesenwelle in den Hafen, dann die Fahrrinne liegt mit 054 genau in Windrichtung. Das für Gastlieger vorgesehene Hafenbecken

gleich backbord hinter der Mole ist ein Hexenkessel. Nach dem Festmachen an der mit Autoreifen versehen Pier macht glücklicherweise der freundliche Hafenmeister den Vorschlag, im benachbarten Hafenbecken längsseits an einen Fischkutter zu gehen, wo wir wesentlich besser liegen. Auch seine zweite Empfehlung ist erstklassig: Das Restaurant in der alten Mühle macht ganz hervorragende Pizza und dazu lassen wir uns das durstlöschende und preiswerte schwedische Leichtbier schmecken.

Zurück am Schiff hat der Wind deutlich nachgelassen. Wir erleben einen traumhaften Sonnenuntergang und das Hafenwasser beruhigt sich bis Mitternacht vollständig. Wir schlafen bestens und lange, denn anderntags ist unser Ziel das nicht mehr weit entfernte Kalmar. Es wird dann auch 11:20, bis wir am Mittwoch in See stechen bzw. in den Sund,

der Richtung Kalmar immer enger und flacher wird. Nach morgendlicher Sonne wird es im Tagesverlauf bedeckt und ausgesprochen kühl. Für morgen ist Regen und kräftiger Nordost angesagt, da werden wir wohl in Kalmar bleiben und dem Motto folgen „shop until you drop“.

Leider finden wir gegen 15:30 trotz der frühen Stunde den Yachthafen von Kalmar schon

übervoll und der mit Schlauchboot entgegenkommende Hafenmeister kann uns nur noch eine Päckchenlage anbieten. Wir möchten wegen des zusätzlichen Liegetages bei Regen und steifer Brise einen bequemen und sicheren Platz haben, den wir in unserem Alternativhafen problemlos finden.

Direkt vor der Kalmarer Hafenausfahrt zweigt das Schärenfahrwasser zur gegenüber liegenden Sundseite ab. Drei Meilen sind es nach Färjestaden auf Öland und dort können wir uns aus zahlreichen freien Plätzen den schönsten aussuchen. Mit 34,6 Seemeilen Tagesstrecke machen wir fest. Nach Kalmar fährt direkt am Hafen wahlweise der Bus oder die Fähre ab. Wir nehmen den Bus und sitzen abends dann doch noch in einem kleinen Restaurant der alten Hafenstadt, die in der schwedischen Geschichte eine so wichtige Rolle gespielt hat und zur großen Zeit der Hanse zu den reichsten Städten Schwedens gehörte.

Donnerstag der 14. bringt Nordost mit bis zu 30 Knoten und der Himmel hält seine Schleusentore ganztägig geöffnet. Die kleine Fähre „Dessi“ bringt uns über den Sund und wir sind nach Ankunft im Kalmarer Hafen froh, uns gestern für Färjestaden entschieden zu haben. Der steife Nordost hat einen gewaltigen Schwell aufgebaut und selbst größere Zweimaster vollführen am Liegeplatz wahre Bocksprünge. Da fehlt wohl ein zusätzlicher Hakenschlag an der Außenmole.

Um das berühmte Kalmarer Schloß zu besichtigen, braucht man offenbar manchmal etwas Geduld, so auch heute: 15 Minuten Schlange stehen wäre ja noch akzeptabel, wenn es nicht im strömenden Regen stattfände. Und auch während der Besichtigung muß man immer wieder durch den offenen Innenhof weitere Gebäudeteile aufsuchen. Wir erwerben im Andenkenladen einen Schirm; denn natürlich hatten wir zum Segeln keinen mitgenommen. Kann man ja auf dem Boot nicht gebrauchen, oder?

Interessiert hätte uns anschließend noch das Schiffahrtsmuseum, das aber leider um 15:50 bereits geschlossen ist. Der Fußweg dahin hat uns durch die angeblich sehenswerte Altstadt geführt. Vielleicht haben wir die falsche Straße erwischt und der Regen mag ein Übriges getan haben, jedenfalls sind wir nicht begeistert.

Die halbstündige Rückfahrt mit Dessi muß durch eine deutlich längere Busreise ersetzt werden, weil Dessi in Kalmar wegen Schwell nicht mehr anlegen kann. Immerhin verfolgen wir vom Kai aus gebannt den dann abgebrochenen Versuch.

Sehr positiv überrascht uns das von außen unscheinbare Hafenrestaurant direkt vor unserem Boot. Warum denn in die Ferne schweifen ...

Spät am Abend drehen wir noch am Liegeplatz das Schiff um. Windfinder hatte für 17:00 noch 21-27 Knoten aus Ost prophezeit, für 20:00 dann 5-8 aus SSO und für 23:00  wieder 19-25, aber jetzt aus der Gegenrichtung WSW. Genauso kommt es auch.

Freitag findet uns abends nach gut 30 gesegelten und z.T. auch motorten Meilen im kleinen Hafen Bergkvara auf der Festlandsseite des Sundes und deutlich südlich von Kalmar. Die Schären im Norden sind gestrichen. Die

Windvorhersage für die nächsten 14 Tage bleibt beharrlich im Süd bis West-Quadranten. Da das für den Rückweg Kurse hart am Wind bedeutet, wollen wir die Entfernung zum Heimathafen nicht noch weiter vergrößern.

Von Bergkvara aus sind es am Samstag etwa 25 Meilen nach Süden bis zur Abzweigung des Schärenfahrwassers nach Karlskrona. 25 harte Meilen gegenan und bei am Nachmittag kräftig entwickelter Windsee, was bei bis zu 30 Knoten auch kein Wunder ist. Wir sind ganz froh, als wir abends den Sund verlassen können und nicht auch noch Utlängan runden müssen. Der Anker fällt in der Nordostbucht

der Insel Senoren in Sichtweite der Möcklösundbrücke. Die Bucht ist nach Norden offen und bietet daher beim gegenwärtigen Südwest besten Schutz. Im westlichen Teil gibt es ein paar Untiefen und Felsen, aber im Osten bleibt sie in der Nachbarschaft des ausgedehnten Schilffeldes konstant bei etwa 2 Meter bis weit nach Süden. Der weiche Ankergrund hält prima und die Sonne geht genau über der besagten Brücke unter. Ein Traum. Anschließend ist allerdings Mückenabwehr gefragt.

Der Wind ist abends eingeschlafen und wir tun es ihm wenig später gleich, schlafen tief und fest in himmlischer Ruhe.

Nach dem ausgiebigen Frühstück schon etwas später am Sonntag wäre es nun kein Kunststück mehr, die Fahrt durch die Brücke nach Karlskrona fortzusetzen, es sind nämlich nur noch knapp sechs Meilen. Allerdings scheitert das an unserem Mast, der mit 18 ½ m plus UKW-Antenne nicht ganz durch die 18 m Durchfahrt paßt. Angeblich. Die Brücke beschreibt einen Bogen, die markierte Durchfahrt mit garantierten 18 Metern ist recht breit, also in der Mitte vermutlich deutlich höher, der gegenwärtige Wasserstand ist recht niedrig und außerdem sieht die Brücke recht hoch aus. Aber dem Skipper ist sein Mast wichtiger als der verlockend kurze Weg und so laufen wir im Schärenfahrwasser

zwei Meilen zurück, um dann nördlich der Seilfähre in südwestlicher Richtung den Ausgang in die Hanöbucht zu finden. Wir passieren dabei die Nordostbucht der Insel Ornö, auch ein guter Ankerplatz, ebenso wie die beiden nördlichen Einbuchtungen im Osten von Ytteron, also eine

halbe Meile südlich der schon erwähnten Seilfähre.

In der Hanöbucht steht am frühen Nachmittag bereits wieder ein ordentlicher Schwell, den der heutige Südost auf die Untiefen vor der Inselwelt um Karlskrona drückt, wo die größeren Wellen dann stellenweise brechen. Man

sollte bei der Navigation in diesen Gewässern ein Auge auf die Tiefenlinien haben. Die fünf Seemeilen bis zur Ansteuerungstonne Karlskrona und die nochmal drei bis zur Einfahrt in geschützte Gewässer auf Höhe der alten Festungsanlagen Drottningskär und Kungsholmen reichen etwa an Bord vorhandenen Landlubbern unter diesen Umständen völlig.

Wir steuern den Stadthafen Tallebryggan an und haben das Glück, einen gemütlich Platz in einer Box unweit des Hafenrestaurants zu finden. Mit 24 Seemeilen war die Tagesdistanz mäßig, aber immerhin das Vierfache der direkten Strecke durch die besagte Brücke. Wie schon in

Kalmar nutzen wir den für morgen prophezeiten Regentag zur Stadtbesichtigung. Alles ist fußläufig bequem erreichbar und besondere Erwähnung verdienen hier sicher das Marinemuseum und die sehenswerten Kirchen, darunter die eindrucksvolle, ganz aus Holz erbaute Admiralitätskirche.

Der 19. Juli begrüßt uns schon morgens mit tiefblauem Himmel und strahlendem Sonnenschein. Da werden alle Segler unruhig und schon früh leert sich der Hafen rapide. Wir setzen heute unsere Entdeckungsreise durch das Schärenfahrwasser fort und durch den Västrafjärden und die Drehbrücke Hasslöbronn erreichen wir den

Hästholmsfjärden, ein Naturparadies in dem man sich tagelang tummeln kann. Unser Etappenziel ist nach nur 15 Meilen heute die unter Naturschutz stehende Insel Arpö im Listerby Skärgård und der Anker fällt auf etwa 2 m Wassertiefe zwischen Arpö, Slädö und Vagnö. Die Darstellung in einigen Gewässerführern, wonach die Ansteuerung nur von Osten her möglich ist, entspricht nicht den Tatsachen. Eine größere Serie von Lotungen mit Senkblei aus dem Schlauchboot ergibt 2 m und mehr im Bereich südlich der Westeinfahrt-Mittellinie. Die Felsen liegen in der Nordhälfte und die Eintragung von nur 1,5m

Wasser in der Mitte der Westeinfahrt ist schlicht falsch. Allerdings empfehle ich dieses Gewässer insgesamt nicht, wenn Ihr Tiefgang 1,80 oder mehr beträgt, egal ob von West oder Ost. Tiefes Wasser finden Sie auf der Nordwestseite von Slädö.

Am Mittwoch steuern wir durch den oben schon erwähnten Hästholmsfjärden westlich der Drehbrücke und das Schärenfahrwasser südlich Arpö, vorbei an Ronneby und durch das südwestlich von Ronneby hamn West-Ost verlaufende Schärenfahrwasser die Inselwelt um Tjärö an. Die Insel bietet neben großartiger Natur auch zwei hervorragende Naturhäfen im Westen und Osten, die nur durch einen schmalen Felshügel von einander getrennt sind. In der schmalen Ostbucht gibt es einen gut hundert Meter langen Steg, der allerdings nur auf dem ersten Drittel im tieferen Wasser steht. Folglich drängen sich die größeren Boote dort und liegen teilweise im Päckchen. Wir entscheiden uns für die wunderschöne Westbucht, in der außer uns nur noch ein weiterer Ankerlieger auftaucht. Knapp 20 Meilen waren es hierher. Die Bucht wird auf ihrer Westseite von einer kleinen Insel und felsigen Untiefen geschützt. Die Einfahrt liegt unmittelbar nördlich der Insel und idealerweise etwa 20 bis 30 m von ihr entfernt. Weiter im Norden liegen Felsen, die je nach Wasserstand unsichtbar sind. Die Einfahrt hat Wassertiefen bei 5-6 m, die Mitte der Bucht hat 6-8 m. Achten Sie auf die Felsen im Flachwasser der Ufer.

Donnerstag bläst ein angenehmer Nord mit 17 bis 25 Knoten. Vorbei an den Inselchen und Schären im Süden von Tjärö laufen wir nur unter Fock mit durchschnittlich sechs Knoten nach Südwesten.

Auf halbem Weg zwischen Tärnö und der Insel Hanö beginnt die Windsee bereits wieder lästig zu werden, obwohl die Luvküste mal gerade eben sechs Meilen entfernt ist. Wir wollen heute den schon auf dem Weg nach Norden angelaufenen Hafen von Hällevik nochmals ansteuern und dort einige Einkäufe erledigen. In dem oben erwähnten Laden direkt am Hafen werden wir auch diesmal nicht enttäuscht; er hat einfach alles. Tagesdistanz heute wieder 20 Meilen.

Hanö wäre natürlich auch eine nette Option gewesen, zumal wir in Sichtweite am Hafen vorbeikommen. Die kleine Insel ist etwa 1 x 2 km groß, genau sind es 2,2 qkm. Der hübsch gelegene Hafen in der Mitte der Westseite ist allerdings

ein wenig anfällig für Schwell aus Nordwesten. Die Insel bietet einen 16 m hohen Leuchtturm, der vom höchsten Hügel aus sein Licht etwa 40 km über die Ostsee schickt. Es gibt gepflegte Wanderwege und eine außergewöhnliche Natur: Vom ausgedehnten Steinriff „Bönsäcken“ und Gras auf Moränengrund im Norden über Strandpartien mit großen Steinplatten, riesigen Felsblöcken und Höhlen im Osten, dem Hafen und den Häusern der etwa 60 Einwohner im Westen bis zum dichten Buschwald im Süden. 200 Stück Damwild asiatischen Ursprungs leben auf der Insel und aus der Zeit der napolionischen Kriege gibt es einen englischen Friedhof; Hanö war von 1810 bis 1812 britische

Flottenbasis.

Von Hällevik aus lohnt ein Ausflug mit dem Mietfahrrad (am Fischereimuseum direkt am Hafen) in das etwa 12 km entfernte, im 13. Jahrhundert gegründete Sölvesborg mit der sehenswerten St.-Nicolai-Kirche, falls man nicht vor hat, Sölvesborg mit dem Boot anzulaufen. Denn einen kleinen Hafen gibt es dort auch.

Die Wettervorhersage für übermorgen verheißt recht starken Wind aus Süd und da wir den ersten sinnvollen Absprung nach Bornholm nicht verpassen wollen, sehen wir von der ursprünglichen Idee ab, vor Simrishamn noch Åhus anzulaufen. Bei ruhigem Südost mit etwa 12 bis 16 Knoten können wir am Samstag, dem 23.

Juli von Hällevik aus die Hafeneinfahrt von Simrishamn direkt anlegen und machen unter vollen Segeln stetig mehr als sieben Knoten. Der Wind dreht kurz vor dem Einlaufen auf Südwest, die sich entwickelnde Windsee baut in Verbindung mit der noch aus Südost stehenden Altdünung ein Kabbelwasser auf und es beginnt gleich nach dem Anlegen zu regnen. Haben wir auch heute mal wieder prima hingekriegt. Zwei Stunden später wäre es deutlich lästiger gewesen. 36,5 Meilen in knapp fünf Stunden gesegelt sind eine gute Bilanz und wir erwischen einen schönen Liegeplatz am C-Steg. Der Hafen bietet hervorragende und ganz neue Schwimmstege sowie Schutz gegen Schwell aus allen Richtungen.

Die sanitären Anlagen passen allerdings nicht dazu und lassen sehr zu wünschen übrig: Kein Licht bei den Damen, kein warmes Wasser am Nachmittag, insgesamt sieben Toiletten und sechs Duschen für 380 Liegeplätze. Und eine Waschmaschine plus ein Trockner sind auch kein neuer Weltrekord.

Später am Abend beginnt es, ordentlich zu kacheln und der Starkwind hält die ganze Nacht und den folgenden Tag an. Sanssouci zerrt selbst im gut geschützten Hafen kräftig an ihren Leinen und überall knarrt und quitscht es. Sonntag wird folglich ein Hafentag, an dem wir uns den durchaus sehenswerten Ort anschauen.

Montags legen wir gegen 10 ab, nachdem bereits allenthalben Fluchtstimmung herrscht. Der vorher bis auf den letzten Platz belegte Hafen ist plötzlich halb leer. Sonne und 12 Knoten Südwind haben offenbar nicht nur uns gelockt. Leider steht aus der Nacht und vom Vortag noch alte Dünung, was Landlubber gar nicht schätzen. Und bei dem Südwind können wir auch nicht Rønne anlaufen, sondern gerade eben so die Nordspitze Bornholms. Als wir dort unter vollen Segeln ankommen, gibt es an Bord einen Seekranken und daher verzichten wir auf den Einsatz der Maschine entlang der Küste nach Süden gegenan, sondern laufen in den Schutz der Ostküste und dort in den hübschen kleinen Hafen von Allinge. Der Innenhafen ist rappelvoll, aber heute liegt man auch außen bestens und im Päckchen an der Nauticat 40 eines netten schwedischen Paares mit deutschen Wurzeln machen wir fest. Anschließend

großes Hafenkino mit folkloristischen Einlagen auf der Pier und mediterraner Stimmung bis die Sonne untergeht. Allinge hat uns von allen Häfen an der Ostküste Bornholms am besten gefallen. Zu den Übrigen wird im Weiteren noch ausgeführt werden.

Tagesbilanz 28,6 NM. Der Wind schläft nach und nach ganz ein und für die 18 Meilen nach Rønnes Yachthafen Nørrekås muß anderntags Rudolf Diesel herhalten.

Die Großwetterlage ergibt für Donnerstag die günstigsten Rahmenbedingungen für den langen Schlag zurück nach Deutschland und daher steht der Mittwoch

für Besichtigungen auf Bornholm zur Verfügung. Wir mieten direkt am Hafen einen Passat und brechen gegen 09:30 zur Bornholm rund für Landratten auf. Nylars Kirke ist der Auftakt, eine von insgesamt vier Rundkirchen, ca. 1250 erbaut und absolut sehenswert. Von dort steuern wir Nexø an , das über einen großen Hafen mit zahlreichen und gut geschützten Liegeplätzen verfügt, uns aber ansonsten nicht besonders attraktiv erscheint. Dennoch sollte ihn der Segler auf dem Radarschirm haben, denn er bietet jederzeit –auch bei Ostwind- einen sicheren und auch sicher ansteuerbaren Liegeplatz samt allen Versorgungsmöglichkeiten, was an Bornholms Ostküste ja durchaus nicht selbstverständlich ist. Auf der Weiterfahrt nach Svaneke halten wir kurz bei der größten holländischen Windmühle Bornholms in Aarsdale mit angeschlossener Kunstausstellung und lernen dort nebenbei alles über die lokalen Granitsorten, die man schon anhand der Färbung gut unterscheiden kann. Der Aarsdaler Hafen ist gut geschützt und überall 2,5 bis 3 m tief, für größere Boote aber wegen der extrem engen Doppelschikane an der Einfahrt wohl kaum nutzbar. Jedenfalls würden wir es mit Sanssouci nicht probieren wollen. Gastsegler sind aber willkommen und es gibt auch moderne Sanitäranlagen samt Wäschetrockner. Bei starkem Ostwind dürften vor der Einfahrt Brecher stehen. Der Ansteuerungskurs ist mit 248° angegeben.

Svaneke ist laut Eigenwerbung der dänische Ort mit den meisten Sonnenstunden und für die Dauer unseres Besuches können wir wolkenlosen Himmel bestätigen. Allerdings hält sich der heute überall auf Bornholm ganztägig. Der Hafen von Svaneke ist ostküstentypisch in den Granit gesprengt, klein und recht nett. Liegeplätze im auch bei Oststurm geschützten Innenhafen sind größtenteils einheimischen Booten vorbehalten und außerhalb des Schutztors liegt man dann wohl weniger gut ...

Den Vorhafen können wir beim besten Willen nicht als Liegeplatz für die Nacht empfehlen, falls irgendeine Form von Seewind  vorherrscht. Im gratis erhältlichen und sehr informativen „Segelführer Bornholm“ liest sich das dann so: „Die zwei nördlichsten Becken sind für Gäste reserviert.“ Der Ort selbst ist malerisch und sehenswert,wie ein Rundgang bestätigt. Svaneke ist nach Allinge unsere Nummer zwei auf der Ostküsten-Hitliste.

Im Hafen von Listed wird sich gelegentlich wohl ein Liegeplatz finden lassen.Die Wassertiefen liegen bei 2,80 m. Ein Restaurant am Hafen ist auf Hummer spezialisiert und soll gut sein, was wir aber nicht überprüfen konnten.

Vergessen Sie Melsted, falls Sie nicht mit einem sehr kleinen Boot unterwegs sind. Mit 208° geht es zwischen den Felsen hindurch zur etwa 1,5 m tiefen Einfahrt. Im Hafen selbst verbleibt dann nur noch ein guter Meter Wasser.

Dafür bietet das benachbarte Gudhjem dann gleich zwei Häfen, nämlich Gudhjem Havn im Osten und Gudhjem Nørresand im Westen, der bei Westwind unruhig wird. Die Wassertiefen liegen bei 3,5 bis 4 m, der Ansteuerungskurs ist 202° für den Osthafen und 120° für Nørresand. Das im Osthafen vorhandene Tor zum Innenhafen wird bei Seewind ab 10 m/sec (6+ Bft) geschlossen. Für den Landgang macht es keinen Unterschied, wo man einen Platz findet. Die Musik spielt aber am Osthafen. In einem Restaurant mit Blick auf den Hafen probieren wir „Sol over Gudhjem“, eine örtliche Spezialität: Geräucherter Hering auf Roggenbrot mit Radieschen, Schnittlauch, Zwiebeln und Eigelb. Letzteres wird wahlweise über den Hering gegossen oder zum Stippen verwendet.

Der Ort selbst war bei unserem Besuch gut gefüllt. Offenbar ist er bei Touristen aller Art besonders beliebt. Für unseren Geschmack ein wenig zu viel Rummel und daher nur Platz drei.

Da wir in Allinge wie oben berichtet mit dem Boot waren, ist letzter Punkt unserer heutigen Ostküstentour der Hafen von Tejn, einer der größten der Insel und bei jedem Wetter Tag und Nacht anlaufbar. Viel Platz für Gastlieger, gut geeignet für Reparaturen und Einkäufe, aber leider ohne die Attraktivität der kleineren und bereits beschriebenen Häfen.

Unseren Ausflug setzen wir nun im äußersten Nordwesten der Insel fort, wo wir den Leuchtturm Hammer Fyr, den Hammer Havn und die alte Festungsruine Hammershus besichtigen. Das Leuchtfeuer bietet einen wunderbaren Blick weit über Land und See. Am Gegenhang sieht man auch in 72 m Höhe Hammershus liegen, deren Ursprung unbekannt ist. Im frühen Mittelalter war die Burg für die Erzbischöfe in Lund ein strategischer Posten in den ständigen Auseinandersetzungen zwischen Kirche und Königshaus, außerdem Symbol der Herrschaft über die Insel und Lagerhaus für die dort eingetriebenen Steuern und Abgaben. 50 Jahre lang war sie an Lübeck verpfändet, daß damals das wichtigste Handelszentrum im Ostseeraum darstellte.

Hammer Havn liegt solitär inmitten wunderschöner Natur, bietet Wandermöglichkeiten, u.a. auch zum Leuchtturm und zur Festung, ist aber auch Sprungbrett von und nach Schweden. Das entschädigt für ansonsten dort fehlende Infrastruktur. Die Wassertiefen sind mit zumeist 3 m und mehr auch für größere Boote geeignet.

Auf der Rückfahrt nach Rønne machen wir einen Abstecher nach Hasle, einer ausgezeichneten Alternative zum oft gut gefüllten Sportboothafen von Rønne. Hasle liegt nur etwa 5 Meilen nördlich von Nørrekås, bietet besten Schutz vor Schwell aus allen Richtungen und im Zweifel immer einen Liegeplatz in einem der fünf Hafenbecken. Es ist Tag und Nacht bei jedem Wetter sicher anzulaufen, bietet moderne Sanitäranlagen, Einkaufsmöglichkeiten, Restaurants eine Museumsräucherei und Badestrände südlich des Hafens.

Zurück in Rønne geben wir das Auto zurück und gönnen uns nochmal ein gutes Abendessen in einem kleinen Restaurant in der Fußgängerzone. Einen Absacker an Bord gibt es anschließend auch noch, aber Wurzeln schlagen wir heute nicht, denn morgen klingelt zeitig der Wecker.

Am 28. Juli legen wir um kurz nach sieben ab und machen uns auf den langen Heimweg. Das Wetter ist deutlich schlechter, als vorhergesagt. Immerhin stimmt die Windrichtung und wir müssen nicht auch noch gegenan knüppeln. Aber es ist für die Jahreszeit eindeutig zu kalt und die recht bewegte See als auch der Regen bringen trotz Sprayhood und anschließendem Bimini viel Feuchtigkeit in die Plicht. Am Ruder tragen wir Segelstiefel mit schwerem Ölzeug, Handschuhe und Südwester. Und später beginnen wir, uns halbstündlich abzulösen. Aber fix unterwegs sind wir schon und für heute zählt hauptsächlich Speed. Denn bis zum Zielhafen Gager auf Rügen sind es 75 Meilen. Da hilft es schon sehr, daß nie unter sieben Knoten auf der Uhr stehen.

Als am Nachmittag Rügen in Sicht kommt und auch der Regen etwas nachgelassen hat, hebt das die Stimmung ungemein. Ein paar Frachter queren noch unseren Weg, dann laufen wir in die vermeintlich geschützteren Gewässer ostwärts Rügen. Vermeintlich. Denn der vorher stetig aus West blasende Rasmus biegt offenbar am Kap Arkona rechts ab, der Wind raumt immer mehr und baut in den flachen Küstengewässern veritabele Hügelchen aus Wasser. Die Sache bleibt bis nach Gager spannend und selbst der Anleger dort gerät noch dicht an das, was die Marine einen „Zustand“ nennt.

Um 18:00 liegen wir dann aber gut vertäut direkt vor dem sehr empfehlenswerten

Restaurant und reservieren alsbald ein Plätzchen für später. Was sich als brilliante Idee entpuppt, denn ab sieben ist es gesteckt voll.

Nach Kröslin sind es keine zwanzig Meilen mehr, die wir am Freitag dann fix abarbeiten. Der angekündigte Wolkenbruch und Starkregen verzögert sich etwas und läßt uns am Vormittag noch ungerupft den Heimathafen erreichen. Aber bei der Abreise mit Auto am Nachmittag sehen wir dann überall hochgedrückte Kanaldeckel, Überschwemmungen und zahlreiche Einsatzfahrzeuge, die offenbar mit dem Auspumpen von Kellern beschäftigt sind.

Ergebnis und Siegerehrung: Gut 550 Seemeilen sind es insgesamt geworden. Die Schären südlich Stockholm haben wir nicht gesehen, aber die Hanöbucht war uns eine gute Alternative, die wir ansonsten sicher nicht so ausführlich besucht hätten. War dieser Juli 2011 verregnet? Für uns sicher nicht. Nur drei von unseren Hafentagen waren wetterbedingte Liegetage, für drei Wochen und Ostseeverhältnisse sicher eine gute Bilanz. Ein bißchen nach dem Wetter navigieren sollte man schon und das haben wir in Grenzen auch versucht. Besonders bewährt hat sich auf diesem Törn die Windfinder Pro App, die mit ihren Windvorhersagen in der Regel sogar die richtige Stunde traf, beim Segeln eine echte Hilfe! Übrigens hatten wir unser iPad mit einer SIM-Karte von prepaid-global.de bestückt, die in Dänemark und Schweden prima funktionierte und uns teure Roaminggebühren ersparte.

Die Hunter hat sich wacker geschlagen. Wir hatten in den USA schon mehrfach Boote dieser Marke.

Die GFK-Qualität und die Dimensionierung des Riggs sind einwandfrei. Die 38er ist sicher kein Performance Cruiser, bietet aber viel Lebensqualität und von diesem Törn kam sie mit einer Maximalgeschwindigkeit von 9,7 Knoten zurück. So um die sieben waren es meistens. Damit konnten wir sehr gut leben.

Falls Sie in unserem Kielwasser unterwegs sein sollten, gibt es für seekränkelnde Mitsegler auf den langen Törnabschnitten lageabhängig durchaus Alternativen: Die 70 Meilen nach Bornholm lassen sich auch mit der Fähre Sassnitz- Rønne zurücklegen. Auf Rügen und auf Bornholm gibt es Busse, mit denen andere Inselhäfen gut erreichbar sind. Und von Allinge nach Simrishamn verkehrt im Sommer ebenfalls täglich eine Fähre. Food for thought.

Ein bißchen schwedisch haben wir auch gelernt: Kalmar väntar dig! (Kalmar erwartet Dich).

Schwedische Küstenwache: Natürlich in Blau/Gelb.

In den Schären gehen selbst Gänse zu Fuß !

Verfasser mit

besserer Hälfte